PRAKLA-SEISMOS Report 1 / 1976  
 

In der Zeitschrift der Barmer Ersatzkasse für ihre Mitglieder ist Ende letzten Jahres ein Artikel erschienen, der sicherlich vielen unsrer Mitarbeiter interessant wenn nicht gar nützlich sein könnte. Er behandelt ein Problem, das hochaktuell ist: Das gefährliche übergewicht. Da dieser Bericht ganz neue - und zwar für uns recht angenehme - Erkenntnisse vermittelt, bringen wir ihn in modifizierter und gekürzter Form.

Seit mehr als 20 Jahren haben die Mediziner und Ernährungsphysiologen das menschliche übergewicht als einen Störfaktor ersten Grades für einen gesunden Lebensablauf erkannt. Die Massenmedien haben dieses Thema immer wieder behandelt und so weiß heute fast jeder: Übergewicht verkürzt das Leben und fördert viele Krankheiten. Statistisch ist festgestellt, daß ein Drittel der deutschen Männer viel zu dick ist ( bei den Frauen ist es noch schlimmer), denn sie schleppen 200000 Tonnen überflüsiges Fett mit sich herum!

Von Natur aus ist zwar der Mensch nicht für das Sitzen am Schreibtisch geschaffen worden, aber er hat eine enorme Anpassungsfähigkeit entwickelt, so daß er am "Schreibtisch älter werden kann als ein Revierförster oder ein Köhler im Walde. Voraussetzung hierfür ist eine "vernünftige Ernährung " das heißt ganz simpel: Der Energiegehalt unserer Nahrung und der Energieverbrauch durch unsere Tätigkeit müssen im Gleichgewicht sein. Ob das so ist, läßt sich ganz leicht feststellen -wir brauchen nur auf die Waage zu steigen und zwar nicht nur einmal im Vierteljahr, sondern mindestens jede Woche, um festzustellen, ob wir unser Normalgewicht haben (Normalgewicht ist Körpergröße in Zentimetern minus 100 cm, ausgedrückt in Kilogramm, also: 173 cm entspricht 73 kg).

Falls wir unser Normalgewicht nicht haben, müssen wir etwas tun: entweder weniger Energie mit der Nahrung aufnehmen oder mehr Energie verbrauchen.

Die Steigerung der Energiezufuhr ist leicht aber die Vergrößerung des Energieverbrauchs ist sehr schwer, wie schwer, zeigen einige Beispiele in der folgenden lustigen Tabelle:

Energiezufuhrwird verbraucht durch
1 Kaffelöffel Zucker1 Stunde lang bügeln
1 Portion Eiscreme2 3/4 Stunden Geschirr waschen
1 Stück Sahnetorte1 1/2 Stunden Foxtrott tanzen

Neuere Forschungen haben ergeben, daß man sich die Lebensvorgänge im Organismus -auch die Umsetzung der Nahrung in Energie und Fettdepot -zu einfach vorgestellt hat. Es kommt nicht nur auf die Menge der aufgenommenen Kalorien an. Prof. Kühnau hat überraschenderweise nachgewiesen; Es kommt auf die Zahl der Mahlzeiten an. Er sagt:

"In der Familie und im Kantinenbetrieb zeigt sich immer deutlicher, daß die althergebrachte Unterteilung der Nahrungsaufnahme in drei Hauptmahlzeiten den Anforderungen des modernen Lebens nicht mehr entspricht und daß die mehr geistig-intelektuell orientierte, nicht mehr durch eine längere mittägliche Verdauungspause unterbrochene Tätigkeit des heutigen Menschen eher eine gleichmäßig über den Tag verteilte Nahrungszufuhr notwendig macht. Dies allein garantiert eine optimale Nahrungsverwertung ohne unerwünschte Bildung von Fettvorräten, während die gleiche Nahrungsmenge, in drei Mahlzeiten genossen, zu Fettansatz und übergewicht führt."

Exakte Versuche haben diese verblüffende Tatsache bestätigt. Ein 93 kg schwerer Mann sollte bei drei Mahlzeiten am Tage mit einer Tagesration von nur 1200 Kalorien abnehmen : Fehlanzeige! Die gleichen Mengen bei gleichen Gerichten auf fünf Tagesmahlzeiten verteilt führten in zwei Monaten zu einer Gewichtsabnahme von 8 kg! Es kommt also wirklich nicht auf die Kalorienmenge an, sondern auf ihre "Verteilung" über den ganzen Tag.

Eine wichtige Tatsache muß hierbei allerdings bedacht werden: Unterschiedliche Mahlzeiten mit gleichem Kaloriengehalt können ganz verschiedene Wirkungen auf unsere Gesundheit haben. Die Therapie FdH (friß die Hälfte) ist zu einfach und meist auch falsch. Warum?:

Wenn wir von unwesentlichen feineren Unterschieden absehen, lassen sich die Nahrungsmittel in zwei große Grupen einteilen:

Nahrungsmittel mit vielen Wirkstoffen
Nahrungsmittel mit wenigen Wirkstoffen

Der Mensch am Schreibtisch muß die wirkstoffreichen Nahrungsmittel bevorzugen. Zu ihnen gehören:

Obst, Gemüse, Salate, Knollen, Wurzeln, Vollkorn.

Die Wirkstoffe (Vitamine, Mineralstoffe, Spurenelemente usw.) sorgen für die stufenweise und v o l l s t ä n d i g e Umsetzung der Nahrung.

Wirkstoffarme Nahrungsmittel sind:

Ausgemahlene Mehle
Denaturierte Getreide (z. B. polierter Reis)

Sie haben die Schuld an manchem Fettpolster.

Wirkstoff-frei ist der Zucker. Prof. Kühnau stellt fest : " Der Zucker geht schnell in den Organismus über. Er überschwemmt ihn gewissermaßen, wird deshalb nicht vollständig umgesetzt und deshalb z. T.

Der tägliche Zuckerverbrauch sollte etwa 60 g nicht übersteigen.

Notwendig ist auch eine Kontrolle des Fettverzehrs. Nur wenige Menschen können reichlich Fett essen, ohne dick und damit krankheitsanfällig zu werden. Für die meisten gilt die Regel:

Höchstens 60 bis 80 g täglich.

Die wirkstoffreichen Fette müssen bevorzugt werden. Dies sind die Pflanzenfette wie Sonnenblumenöl, Maiskeimöl, Weizenkeimöl und Sesamöl, um nur einige zu nennen. Die Hälfte des Fettverbrauchs sollte aus diesen ölen mit ungesättigten Fettsäuren bestehen.

Für den geistigen Arbeiter ist Eiweiß von guter biologischer Qualität wichtig. Es ist enthalten in magerem Fleisch, Fisch, Milch, Magerquark und Magerkäse. Auch die Pflanzen liefern hochwertiges - wenn auch ergänzungsbedürftiges - Eiweis.

sagte einmal: "Man muß alles vermeiden, was Spaß macht; denn es ist entweder ungesetzlich oder unmoralisch oder es macht dick. Wenn BS noch heute lebte und unsern Beitrag gelesen hätte, könnte er seinen Spruch nicht mehr ganz aufrecht erhalten: Man kann heutzutage eine gesunde Kost so schmackhaft und abwechslungsreich gestalten, daß man in jedem Falle seinen Spaß daran haben kann.

R. K.