PRAKLA-SEISMOS Report 1 / 1976  
 

. . . mit Hilfe der Wellengleichung

W. Houba

Bereits vor einigen Jahren wurde bei der Einführung des Migrationsprozesses in die digitale Verarbeitung seismischer Daten seine fundamentale Bedeutung für eine bessere Interpretation komplizierter geologischer Strukturen erkannt. Wir haben deshalb bisher in mehreren Beiträgen über diesen wichtigen Prozeß in unserer Firmenzeitschrift berichtet.

Die Migration ist nun in den letzten Jahren immer mehr zum Kernprozeß der seismischen Datenverarbeitung geworden. Heute ist eine zuverlässige Deutung von Zonen komplexer Geologie ohne vorhergegangenen Migrationsprozeß in der seismischen Praxis nicht mehr denkbar. Voraussetzung für die exakte Auswertung und Darstellung ist, daß der Prozeß selbst zuverlässige Ergebnisse liefert. Und so ist auch die Migration - wie jeder andere seismische Prozeß - einer ständigen Weiterentwicklung unterworfen.

Als geradezu revolutionär wurde von den Geophysikern ein Migrationsverfahren aufgenommen, das gegenüber dem konventionellen klassischen Verfahren der Kirchhoff'schen Summation ein völlig anderes Konzept verfolgt. Es ist die "Wellengleichungs-Migration", ein Verfahren, das von J. F. Claerbout an der Stanford University entwickelt worden ist. Da auch PRAKLA-SEISMOS diese Art der Migration in das Programm-Package aufgenommen hat, soll heute an dieser Stelle ganz kurz mit einem vergleichenden Beispiel darauf eingegangen werden. Sicherlich wird in nächster Zukunft noch öfters und in detaillierter Form über dieses Verfahren berichtet werden müssen.

Beim Weilengleichungs-Migrations-Prozeß ist das Ausgangsmaterial -wie üblich - eine Stapelsektion. Die Stapelsektion können wir als Wellenfeld auffassen, das wir an der Erdoberfläche mit den seismischen Empfängern registriert haben. Das Wellenfeld läßt sich mathematisch durch die Wellengleichung beschreiben. Claerbout geht nun von der Vorstellung aus, daß die wahre Lage eines Reflektors durch eine Messung nur dann richtig dargestellt werden kann, wenn diese Messung direkt am Reflektor durchgeführt wird. Eine solche Messung könnte theoretisch durch ein schrittweises, immer tieferes Eingraben der Geophone erreicht werden, ein Verfahren, das in der Praxis natürlich nicht durchführbar ist.

Hier hilft uns aber die Mathematik. Mittels der Weilengleichung können wir das an der Erdoberfläche gemessene Wellenfeld in seinem jeweiligen Zustand bis in jede beliebige Tiefe zurückverfolgen. Wir tun dies in kleinen Schritten Δz und verschaffen uns damit in jeder um Δz tiefer versetzten Ebene eine "Momentaufnahme" des Wellenfeldes. Dies ist der. Kerngedanke des Verfahrens. Jede Momentaufnahme liefert an der Stelle, an der sie "gemacht" wurde, die Reflexionselemente in ihrer richtigen Lage. Diese Reflexionselemente ergeben in ihrer Gesamtheit bei der späteren Darstellung die migrierte Sektion.

Daß dieses Verfahren der Fortsetzung eines Wellenfeldes von der Erdoberfläche in die Tiefe bei weitem nicht so problemlos in der Praxis durchführbar ist, wie es hier vereinfacht dargestellt wurde, braucht wohl nicht betont zu werden. Neben einem recht komplizierten Algorithmus zur Lösung der Wellengleichung, bei der die sogenannte "Finite-Difference-Methode" benutzt wird, kommen organisatorische Probleme hinzu.

 

. . . using wave equation

In recent years, migration has become more and more a fundamental process in seismic data processing. A reliable interpretation of zones of complex geology can hardly be carried out without migration. This assumes, however, that the process itself delivers reliable results. Like any other seismic process also migration is subject to continuous development.

A nearly revolutionary migration procedure has been adopted recently by geophysicists which, compared to the conventional procedure of Kirchhoff's summation, pursues an entirely different concept. Here, the "wave equation migration" is dealt with, that has been developed by J. F. Claerbout at Stanford University, USA. As PRAKLA-SEISMOS has taken up this type of migration in its program package, we should like to enter into this subject using a practical example. This procedure will surely be described in some more detail in the next future.

Our initial material is, as usual, a stacked section. This stacked section can be regarded as a wave field recorded at the earth's surface by geophones. The wave behaviour can be described mathematically by means of the wave equation. Claerbout proceeds from the idea that the display of the true position of a reflector is only possible by positioning the recording geophones at the reflecting interfaces. This would mean that the geophones ought to be placed stepwise at always progressively increasing depths into the earth in order to obtain a true depth section.

As this is hard to achieve in practice, we have necessarily to go back to mathematical principles. With the help of the wave equation we are able to pursue the behaviour or the appearance of the wave field with respect to all reflection horizons in the subsurface. We provide at constant steps Δz an instantaneous record of the wave fjeld. This is the basic idea of the procedure. Every instantaneous record yields at that place, where it has been taken, the reflection elements in their correct position. This way, the migration section is successively formed.

It doesn't need to be emphasized explicitly that this procedure of downward continuation of a wave field as it was presented here in a somewhat simplified manner cannot be performed in practice without many problems. Besides a rather complicated algorithm to solve the wave equation, using finite difference methods, there are in addition organizational problems. The traces of the stacked section, for instance, have to be remultiplexed, as the procedure always needs the complete information at the same traveltime, that is at planes parallel to the earth's surface.

An example taken from practice shows the difference between conventional and wave equation migration. One advantage becomes evident: the reflection character of the original time section is preserved. The migration noise is strongly attenuated. A further advantage of wave equation migration may be the fact that even sections with a complex velocity structure can be easily handled. Further, the process does not depend on parameters such as muting, number of traces etc., as it does in conventional migration.

Stapelsektion Konventionelle Zeitmigration der Stapelsektion

So müssen z. B. die Spuren der Stapelsektion remultiplext werden, da das Verfahren die Information nicht längs der vertikalen Wellenstrahlen, sondern zu einund derselben Laufzeit - also in Ebenen parallel zur Erdoberfläche - benötigt.

Das nebenstehende Beispiel aus der Praxis zeigt den Unterschied der Wellengleichungs-Migration zur konventionellen Migration. Bei der Wellengleichungs-Migration fällt sofort ins Auge:

Der Reflexionscharakter der ursprünglichen Zeitsektion ist erhalten geblieben und der Migrationsnoise ist stark gedämpft.

Ein weiterer Vorteil der Wellengleichungs-Migration kann darin gesehen werden, daß auch komplexe Geschwindigkeitsstrukturen ohne Schwierigkeiten verarbeitet werden können und daß der Progen des Bearbeiters wie bei der konventionellen Migration (Fader, Anzahl der Spuren usw.) unabhängig ist.

Wellengleichungs-Zeitmigration der Stapelsektion Fig.1 Stapelsektion

Fig.2 Konventionelle Zeitmigration der Stapelsektion Fig. 1

Fig.3 Wellengleichungs-Zeitmigration der Stapelsektion Fig. 1