PRAKLA-SEISMOS Report 2 / 1974
|
||||
Dem ,,ibi-Dienst", der Informationsschrift für innerbetriebliche von E. Wittemann Wer kümmert sich um mich, wenn ich einmal einen Unfall habe? Welche Ärzte in welchen Krankenhäusern ? Vor allem: Wer sorgt sich dann um meine Familie? Und wenn ich meinen Arbeitsplatz verliere, kann ich dann auf einen anderen umgeschult werden? Falls ich gar nicht mehr arbeiten kann, was geschieht dann mit mir? Wer veranlaßt das? -Auf solche Fragen können Ihnen die gewerblichen Berufsgenossenschaften eine Antwort geben, denn die haben den gesetzlichen Auftrag:
Organisation der BG Träger der Unfallversicherung für die gewerbliche Wirtschaft -rund 1,6 Mio Unternehmen mit über 20 Mio Versicherten -sind die gewerblichen Berufsgenossenschaften. Sie unterstehen der Aufsicht des Staates, sind fachlich gegliedert und umfassen Betriebe gleicher oder verwandter Gewerbezweige. Wer ist Mitglied? Alle Unternehmer sind Mitglieder der für ihren Gewerbezweig zuständigen Berufsgenossenschaft. Sie sind darin zusammengeschlossen, um die aus der Unfallversicherung auf sie zukommenden Aufgaben gemeinsam zu meistern und die Lasten gemeinsam zu tragen. Wer ist versichert? Jeder, der in einem Arbeits-, Ausbildungs-, Dienst-oder Lehrverhältnis steht. Ohne Rücksicht auf Alter, Geschlecht, Familienstand, Nationalität und auch ohne Rücksicht darauf, ob der Betrieb, in dem jemand tätig ist, die Beiträge zur Berufsgenossenschaft bezahlt hat oder nicht. Wann wird Versicherungsschutz gewährt? 1. Bei allen Arbeitsunfällen, sofern sie nicht absichtlich herbeigeführt sind. Arbeitsunfällen gleichgestellt sind auch Unfälle auf allen Betriebswegen, bei Betriebsveranstaltungen und beim Betriebssport. Selbstverwaltung Die Berufsgenossenschaften führen die ihnen übertragenen Aufgaben in eigener Verantwortung durch. Der Staat überwacht sie nur daraufhin, daß Gesetz und Satzung eingehalten werden. Die Organe der Selbstverwaltung sind die Vertreterversammlung und der Vorstand. Beide Organe sind paritätisch je zur Hälfte von Unternehmern und Arbeitnehmern besetzt. Unfallverhütungsvorschriften (UVV) Bei der Erfüllung ihrer Aufgaben erstreben die Berufsgenossenschaften vor allem eine Vervollkommnung des technischen Arbeitsschutzes. Maschinen, Betriebseinrichtungen und Arbeitsmethoden müssen so gestaltet sein, daß Unfälle oder Berufserkrankungen gar nicht erst auftreten können. Den Weg zu diesem Ziel zeigen die Unfallverhütungsvorschriften. Sie werden von den BGs in besonderen Fachausschüssen in enger Zusammenarbeit mit Herstellern und Betreibern von Arbeitsmaschinen, mit Unternehmen und Arbeitnehmern, mit Beamten der staatlichen Gewerbeaufsicht und mit vielen Sachverständigen aus Wissenschaft und Technik erarbeitet und von den Berufsgenossenschaften beschlossen. So sind in den UVV Einrichtungen, Anordnungen und Maßnahmen vorgeschrieben, die der Unternehmer zu treffen hat. In ihnen ist aufgezeigt, wie sich die Beschäftigten zu verhalten haben, damit sie keine Unfälle erleiden und wie sie vor Gesundheitsgefahren geschützt werden können. Das Gesetz über technische Arbeitsmittel Das Gesetz über technische Arbeitsmittel (auch Maschinenschutzgesetz genannt) stellt eine Art vorgreifender Unfallverhütung dar. Es schreibt die Beachtung der Sicherheit von technischen Arbeitsmitteln schon bei ihrer Herstellung oder bei ihrer Einfuhr aus dem Ausland vor. So kann dafür gesorgt werden, daß gefährliche oder gefährdende Maschinen nicht in den Handel kommen oder aufgestellt werden können. Erste Hilfe Erste Hilfe nach einem Unfall bestimmt oft den späteren Heilerfolg. Manchmal entscheidet sie auch über Leben und Tod. Darum bilden die BGs in Zusammenarbeit mit den Erste-Hilfe-Organisationen wie Arbeiter-Samariter-Bund, Deutsches Rotes Kreuz, Johanniter-Unfallhilfe und Malteser-Hilfsdienst auf ihre Kosten jährlich Tausende von Betriebshelfern aus. Berufskrankheiten Unter Berufskrankheiten versteht man solche Krankheiten, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaften durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre Arbeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind. Die BGs bemühen sich, einmal die Ouellen solcher Gefahren auszuschalten, zum anderen durch rechtzeitige Voruntersuchungen (Eignungsuntersuchungen) das Entstehen solcher Krankheiten zu verhindern oder sie durch ständige Reihenuntersuchungen im frühest möglichen Stadium zu erkennen und zu heilen. Dazu werden die bekannten Röntgenuntersuchungs-und Testwagen eingesetzt. Wiederherstellung der Gesundheit Neben der Unfallverhütung ist die Zweite Aufgabe der BGs die gesundheitliche Wiederherstellung Unfallverletzter (medizinische Rehabilitation). Ziel der medizinischen Rehabilitation ist es, den Verletzten so wiederherzustellen, daß keine oder eine möglichst geringe Minderung seiner Erwerbsfähigkeit zurückbleibt. Bei schweren Fällen können solche Behandlungen Jahre dauern. So lange aber die begründete Aussicht auf einen Erfolg besteht, die Besserung der Leiden zu erreichen oder eine Verschlimmerung zu verhüten, wird gemeinsam mit dem Unfallverletzten versucht, ihm eine Rückkehr in das Arbeitsleben zu ermöglichen. Berufshilfe Noch während des Aufenthaltes des Verletzten im Krankenhaus nimmt der berufsgenossenschaftliehe Berufshelfer den Kontakt zu ihm auf. In gemeinsamer Absprache und Abstimmung mit den behandelnden Ärzten wird der nahtlose übergang von der medizinischen zur beruflichen Rehabilitation eingeleitet. Ein guter Berufshelfer erkennt häufig schon nach den ersten Begegnungen
Wirtschaftliche Sicherung Zu der medizinischen und der beruflichen Rehabilitation treten die Geldleistungen. Dies ist der 4. Aufgabenbereich der BG. Es soll verhindert werden, daß jemand wegen eines Arbeitsunfalles, eines Wegeunfalles oder einer Berufskrankheit sozial absteigen muß, daß materielle Sorgen den Heilprozeß gefährden. Man will erreichen, daß der Verletzte für die durch den Unfall bedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit entschädigt wird. Die Geldleistungen im einzelnen sind: Verletztengeld Während der Dauer der Rehabilitation und so lange der Verletzte arbeitsunfähig krankgeschrieben ist, erhalten er oder seine Familie das Verletztengeld. In seiner Höhe richtet es sich nach dem Arbeitseinkommen vor Antritt der Arbeitsunfähigkeit und nach dem Familienstand des Verletzten. Verletztenrente Ist der Verletzte infolge eines oder mehrerer Unfälle länger als 13 Wochen in seiner Erwerbsfähigkeit gemindert und beträgt diese Minderung mindestens 20%, so erhält er Rente (Verletztenrente). Die Rente beginnt regelmäßig mit dem Wegfall der Arbeitsunfähigkeit im Sinne der Krankenversicherung, spätestens jedoch vom Beginn der 79. Woche nach dem Unfall. Das berufsgenossenschaftliche Heilverfahren Die BGs haben ein engmaschiges Sicherungsnetz ausgelegt, das den Menschen auffangen soll, wenn ihm ein Unfall zustößt. Das Ziel ist, den Verletzten auf dem schnellsten Wege in die Hände eines erfahrenenn Unfallmediziners gelangen zu lassen. Dafür wurden verschiedene Verfahren entwickelt. 1. Durchgangsarztverfahren Grundsatz dieses Verfahrens ist, daß jeder arbeitsunfähige Verletzte einem unfall medizinisch erfahrenen Facharzt für Chirurgie -dem Durchgangsarzt -zugeführt werden muß. über das ganze Bundesgebiet ist ein Netz solcher Durchgangsärzte geplant. Sie entscheiden, ob der Verletzte in kassenärztlicher Behandlung verbleiben kann oder in fachärztliche Behandlung genommen werden muß, ob er ambulant oder stationär zu behandeln ist. Bestimmt der Durchgangsarzt fachärztliche, berufsgenossenschaftliehe Behandlung, so ist das berufsgenossenschaftliche Heilverfahren eingeleitet und läuft nun unter Verantwortung und zu Lasten der BG bis zur endgültigen Beendigung. 2. Verletzungsartenverfahren Nicht jedes Krankenhaus bietet die persönlichen und technischen Voraussetzungen für die Heilung komplizierter Verletzungen an. Die Berufsgenossenschaften haben daher etwa 1000 für die Behandlung derartig schwerer Verletzungen in jeder Hinsicht geeignete Krankenhäuser ausgewählt und zu den Verletzungsartenverfahren zugelassen. Dieses erhielt seinen Namen, weil die BGs 29 Verletzungsarten bestimmten, bei denen der Verletzte sofort in ein zugelassenes Krankenhaus gebracht werden muß, in dem jederzeit ein unfallmedizinisch gechulter und erfahrener Chirurg zur Stelle steht. 3. Augen-und Ohrenarztverfahren Selbst kleine Verletzungen der Augen und Ohren können schwerste Folgen haben, wenn sie nicht sachgerecht behandelt werden. Daher entwickelten die Berufsgenossenschaften ein besonderes Augen-und Ohrenarztverfahren, damit der Verletzte nach dem Unfall schnell in die Behandlung des Augen-bzw. Ohrenfacharztes kommt. |