PRAKLA-SEISMOS Report 1 / 1973  
 
 
Nachdem der Burma-Auftrag abgeschlossen war (siehe K. H. Rischke, PRAKLA-Report 2/72) flogen wir nach Hause. Endlich Urlaub. Aber auch zu Hause dachten wir an unseren nächsten Meßauftrag mit der "Jason", der uns nach Japan führen sollte. Nach 6 Wochen packten wir wieder unsere Koffer. Anhand meines Tickets verfolgte ich die Flugstrecke auf der Landkarte. Hannover - Hamburg - Anchorage - Tokio - Fukuoka.

Es war dann ein eintöniger z. T. aber auch interessanter Flug. Immer wieder blickte ich auf die Eiswüste GrÖnlands. Minus 27 Grad Bodentemperatur meldete der Bordlautsprecher. Nach einigen Stunden Flugzeit, Stop-over in Anchorage. 45 Minuten Aufenthalt zum Auftanken der Boing 707. Für uns PRAKLANER genug Zeit, um die Bergwelt Alaskas zu fotografieren, die uns ein wenig an die Alpen erinnerte. Die Hälfte der Strecke war geschafft.

Schließlich waren wir froh, als wir uns zum Landeanflug auf den Airport Haneda, Tokio, anschnallen mußten. Bereits auf dem Flughafen bekamen wir einen Eindruck von der Elfmillionen-Stadt. Inmitten der Massen fremder Menschen, mit fremder Sprache, fühlten wir uns zunächst verlassen, ja sogar etwas ratlos. Als wir später Kontakt zu den Japanern bekamen, merkten wir schnell, daß sie hilfsbereite und sehr freundliche Menschen sind, vor allem gegenüber Ausländern.

Nach drei Stunden Flug von Tokio nach Fukuoka, am Fudschijama, dem heiligen Berg der Japaner, vorbei, waren wir endlich am Ziel. 17 Stunden Flug ; das hatte gereicht.

Mit einem Taxi fuhren wir zur "Jason". Die Begrüßung war herzlich. Bei der Seemessung ist ein ständiges Kommen und Gehen. Wir kamen aus dem Urlaub und die Freude bei den Kollegen, die jetzt für 6 Wochen nach Deutschland flogen, war verständlicherweise groß. Nach zwei Tagen Hafenzeit fuhren wir ins Meßgebiet.

Zu Anfang eines Meßauftrages gibt es immer gewisse Startschwierigkeiten, wenn z. B. eine neue Meßapparatur, eine andere Kombination der Luftpulser oder eine andere Streamerlänge eingesetzt wird. All diese Neuerungen müssen genauestens getestet werden. Erst wenn diese Tests erfolgreich abgeschlossen sind, wird das erste Profil angelaufen. In regelmäßigen Abständen überprüfen wir die gesamte Elektronik durch Testläufe, die anschließend sofort ausgewertet werden. Nach drei Wochen "Produktion" sind wir wieder in Fukuoka. Die ersten Meßergebnisse werden dem Auftraggeber übergeben.

Häufig fährt der Auftraggeber mit in das Meßgebiet. Dadurch bekommt er nicht nur einen Einblick in unsere Tätigkeit, sondern er kann sich auch nach jedem Pop das Ergebnis auf einem Papierfilm ansehen. Ist erst einmal der Kontakt hergestellt, kommt es häufig nicht nur zu einer guten sachlichen Zusammenarbeit, sondern man bekommt durch zahlreiche Gespräche einen Einblick in die Sitten und Gebräuche einer für uns meist fremden Welt.

Auf der Jason lernten wir auch einen Japaner kennen, der sich anbot, uns einige Sehenswürdigkeiten von Fukuoka, unter anderem einen typischen Tempelgarten, zu zeigen. Sprachschwierigkeiten gab es keine, denn wir unterhielten uns in Englisch; den Versuch Japanisch zu lernen, machten wir erst gar nicht, es wäre viel zu schwierig gewesen. Zu jedem Tempelbau gab er aufschlußreiche Erklärungen. die die Führung höchst interessant machte.

Mein schönstes Erlebnis auf dieser Meßfahrt war aber die Einladung in das Haus eines Japaners. Wir begrüßten die Familie unseres Gastgebers auf japanische Art durch leichtes Verbeugen. Die Hausfrau trug einen Kimono, ein viele Meter langes Stück Seide, das einige Male um den Leib gewickelt und mit einer kunstvollen Schmetterlingsschleife auf dem Rücken zusammengehalten wird.

Vor dem Betreten der Wohnräume wurden wir gebeten, unsere Schuhe auszuziehen. Es dauerte eine Weile, bis man sich daran gewöhnt hat, daß japanische Geselligkeit in Strümpfen stattfindet. Das große Problem hierbei sind die Löcher im Strumpf. Wenn man sie zu spät bemerkt, erstarrt das Lächeln in den Mundwinkeln und dann hilft nur eins: den ganzen Abend über mit verschränkten Füßen dazusitzen. Angenehm ist dies keineswegs, wenn die gefalteten Zehen nervös ein Stoßgebet nach dem anderen ausschicken, daß niemand das Loch bemerken möge.

Zunächst aber führte uns unser japanischer Freund durch sein Haus. Alle Fußböden in seinem Ryokan waren mit Tatamimatten ausgelegt. In der Mitte oes Wohnraumes befand sich ein ca. 30 cm hoher "Tisch". Er diente als Ablage für Speisen und Getränke, die außerdem auch auf der Matte abgestellt werden. Tische im europäischen Sinn kennt man nicht und Stühle sind in einem japanischen Haus nicht zu finden. Wir wurden deshalb gebeten nach japanischer Art auf der Matte Platz zu nehmen.

Park-Restaurant in Fukuoka v. I. n. r. H. Veersmann, W. Schmelz, K. H. Rischke, unsere Gastgeberin, V. Fieguth
Park-Restaurant in Fukuoka v. I. n. r. H. Veersmann, W. Schmelz, K. H. Rischke, unsere Gastgeberin, V. Fieguth
  Teezeremonie im Tempel
Teezeremonie im Tempel
Fahrtleiter H. Veersmann wagt ein Tänzchen mit unserer Gastgeberin
Fahrtleiter H. Veersmann wagt ein Tänzchen mit unserer Gastgeberin
 

Als erstes wurde heißer Tee serviert. Da es sehr warm war, reichte man uns feuchte Tücher, damit wir uns den Schweiß vom Gesicht und den Armen abwischen konnten. Als der japanische Reiswein "Sake" in großen frühlingsgrünen Zweiliterflaschen gereicht wurde, stieg die Stimmung beträchtlich. Aus kleinen viereckigen Holzschälchen tranken wir den Wein. Japanische Gerichte wie Sukijaki, Tempura oder Sushi standen auf dem Tisch. Als Besteck gab es natürlich Stäbchen. Die ersten Versuche, damit zu essen, schlugen fehl. Entweder konnte man den ausgesuchten Leckerbissen nicht greifen oder er landete auf dem Tisch oder machte zur Freude der Kollegen einen Satz auf die Hose. Unsere Gastgeber hatten viel Spaß, uns beim Essen zuzusehen. Das steigerte natürlich unseren Ehrgeiz. Endlich klappte es, den ersten Bissen ohne "Unfall" in den Mund zu bringen.

Zwischendurch wurde getanzt; unser Gastgeber hatte Schallplatten aufgelegt. Jeder von uns wurde zu einem Tänzchen mit unserer Gastgeberin aufgefordert. Die Japanerinnen haben ihren eigenen besonderen Tanzstil, der nur entfernt an das erinnert, was wir in Europa Tanz nennen. Die grazilen Bewegungen waren bewundernswert. Wir versuchten, sie mit ernsthafter Miene nachzumachen. Unser Erfolg war eindeutig, denn wir trugen dadurch wesentlich zur Steigerung der Fröhlichkeit bei.

Die Japaner lachen sehr oft, nicht nur aus Freude, sondern aus Bewunderung, aus Verlegenheit, zur Entschuldigung und sogar auch dann, wenn sie traurig sind. Aber an diesem Nachmittag überwog nur die Freude. Ein Tag, der in unserer Erinnerung .bleiben wird.