PRAKLA-SEISMOS Report 1 / 1972  
 
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Alpines Kolloquium
vom 9. bis 10. Dezember 1971

In den letzten Jahren sind von unseren reflexionsseismischen Trupps in zunehmendem Maße Meßarbeiten in alpinen Faltengebirgen Europas und des Nahen Ostens ausgeführt worden. Es lag nahe, hierbei gewonnene Erfahrungen einmal auszutauschen und den Seismikern, die bislang nur in flachen Gebieten gearbeitet hatten, zugänglich zu machen.

Das von Dr. Th. Krey einberufene Kolloquium war im Aufbau sehr zweckmäßig gegliedert. Es schritt, von der Globaltektonik ausgehend, über den Bau der Faltengebirge zur Tektonik in den einzelnen Meßgebieten voran, auf diese Weise das Verständnis für bestehende Zusammenhänge weckend. Das Kolloquium begann mit einem Einführungsvortrag von Dr. H. E. Hoch über "Die heutigen Auffassungen über Geotektonik und Geologie der Geosynklinalen und der daraus resultierenden Faltengebirge", der die sehr interessierten Zuhörer, vor allem die Nichtgeologen, gewissermaßen zunächst mit der "Größt-Tektonik" unseres Planeten bekannt machte.

Ü̈ber dieses Thema ist in letzter Zeit des öfteren geschrieben und gesprochen worden. Einen der neuesten Aufsätze darüber finden wir in der Dezemberausgabe von " Bild der Wissenschaft" unter dem Titel: " Die Erdrinde in ständiger Erneuerung". Dieser Artikel enthält, in sehr gedrängter Form, auch einen wesentlichen Teil des Einführungsvortrages. Wir zitieren:

"Mit der ,Researcher', einem mit modernsten elektronischen Meßgeräten ausgerüsteten Forschungschiff des US-Amtes für Meeres-und Atmosphärenforschung (NOAA), unternahmen amerikanische Wissenschaftler vom 14. September bis 24. November 1971 eine Expedition in das Grenzgebiet von Atlantik und Karibischer See. Auf dieser Fahrt, die Teil des von 16 Ländern, unter anderem der Bundesrepublik, durchgeführten Drei-Jahres-Projekts ,CICAR' (Cooperative Investigation of the Carribbean and Adjacent Regions) ist, sollen in einem 320 Kilometer weiten Bereich zwischen den Kleinen Antillen und dem sogenannten Atlantikrücken magnetische, topographische und gravimetrische Daten gesammelt werden.

  The Alpine Colloquium
from 9th to 10th December 1971

In the last few years our seismic reflection crews have carried out an ever-increasing number of surveys in several alpine mountain chains of Europe and the Near East. It was obvious that the practical experience gained from these surveys should be exchanged and made accessible to seismologists who had so far worked only in flat areas.

The colloquium, which was summoned by Dr. Th. Krey, was arranged in a very appropriate manner. It progressed from global tectonics to the structure of high mountain chains and continued to tectonics in the individual survey areas, thus arousing an understanding of existing relationships.

The colloquium began with an introductory lecture by Dr. H. E. Hoch on "The latest conceptions of geotectonics and geology of geosynclines and their resulting fold mountain systems". This lecture introducted to a very interested audience, especially the non-geologists, the large-scale tectonics of our planet.

Recently much has been said and written on this topic. One of the latest communications about it can be found in the December issue of "Bild der Wissenschaft" and has the title "Die Erdrinde in ständiger Erneuerung". This article also contains in a very compact form an essential part-of the introductory lecture. We quote:

"From 14th September to 24th November 1971 American scientists carried out an expedition in the area between the Atlantic and the Caribbean on board the 'Researcher', a ship from the U.S. department of marine and atmospheric research (NOAA) which was equipped with the most modern electronic survey instruments. This journey was part of the 3 year project 'CICAR' (Cooperative Investigation of the Caribbean and Adjacent Regions), carried out by 16 countries including the Federal Republic of Germany, and was undertaken to acquire magnetic, topographic, and gravimetric data from an area 320 km wide between the Lesser Antilles and the so-called Atlantic Ridge.

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Abb. 1
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Abb. 2
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Das Forschungsprojekt soll dazu beitragen, die Konturen der Schollen bestimmen zu helfen, die nach einer der jüngsten Theorien in ihrer Gesamtheit die Erdkruste bilden. Man nimmt heute an, daß sich die Erdkruste ständig erneuert und in Form riesiger Schollen in Bewegung ist. In den ,Riftzonen', dem weltweiten System der meist unterseeischen Ozeanrücken, dringt heißes Material aus dem Erdmantel an die Oberfläche, lagert sich an der Kruste an und schiebt die Krustenblöcke auseinander. Man nimmt zum Beispiel an, daß solche Vorgänge dem Aufbrechen eines vorgeschichtlichen Superkontinents, Pangaea genannt, zugrunde liegen. Das könnte vor etwa 200 Millionen Jahren geschehen sein. Damals begannen das heutige Nordamerika in Nordwestrichtung, Südamerika in Südwestrichtung von Afrika abzudriften. Erdbebentätigkeit, Vulkanismus und Gebirgsbildung stehen mit diesen Prozessen in engem Zusammenhang. Man hofft jedoch, auch Grundprozesse der Mineralanreicherung in der Erdrinde besser aufklären und so brauchbare Verfahren der Prospektion von Erzlagerstätten in den Weltmeeren entwickeln zu können."

 

The research project shall make a contribution in determining contours of the plates which, according to the latest theory, taken together form the earths' crust. We now accept that. the crust undergoes continual renewal, and the huge plates which form it are always in motion. In the 'drift zones' -the world-wide system of marine ridges in the ozeans -hot material forces its way up from the mantle to the upper surface, is deposited on the crust and pushes the crustal blocks apart.

We assume for example that such processes caused the breaking up of a prehistoric super-continent known as Pangaea. This could have occurred some 200 million years ago. What are now the north and south American continents then drifted away from Africa in westerly and south westerly directions respectively. Earthquakes vulcanicity and orogenesis are closely associated with these processes. It is however hoped that the basic processes in the growth of crustal mineral concentrations can be made much clearer, so permitting the development of serviceable procedures in prospecting for ore deposits under the oceans."

Profiltrasse, eigens für die Seismik von 3 Bulldozern am Gebirgshang angelegt   Bohren mit Luftspülung in 1300 m Höhe
Französische Westalpen
 

Dr. Hoch gestaltete seinen Vortrag durch eine Fülle von Bildern und Figuren sehr lebendig. Er bezog sich hierbei auf zahlreiche Literaturquellen, von denen ein Aufsatz im "Journal of Geophysical Research" Volume 75, Number 26 von Robert S. Dietz und John C. Holden: " Reconstruction of Pangaea, Breakup and Dispersion of Continents, Permian to Present" zu den eindrucksvollsten gehörte. Die Verfasser hatten diese Rekonstruktion durch die Beachtung und genaue Auswertung verschiedenster Faktoren erhalten. Als Beispiel für das gebotene Anschauungsmaterial geben wir in Abb. 1 (Seite 8) die Gestalt des Urkontinents Pagaea vor etwa 225 Millionen Jahren am Ende der Zechsteinzeit wieder und in Abb. 2 den Zustand unserer Erde vor etwa 65 Millionen Jahren am Ende der Kreidezeit; er ist unserer heutigen Kontinentverteilung schon ziemlich ähnlich.

Bei dem Driften der Kontinente interessierte unsere Seismiker natürlich am meisten das Entstehen und die Anlage der Groß-Störungssysteme in den Ozeanen und die Großtektonik bei der Gebirgsbildung auf den Kontinenten. Anschließend berichteten mehrere Referenten über die Geologie der Hochgebirge, in denen wir bisher gearbeitet haben, nämlich:

 

Dr. Hoch rendered his lecture very lively by including abundant illustrations and diagrams. In so doing he referred to numerous scientific papers, one of the most impressive of which was an article in the "Journal of Geophysical Research", Volume 75, Number 26, by Robert S. Dietz and John C. Holden, with the title " Reconstruction of Pangaea, Breakup and Dispersion of Continents, Permian to Present". The authors had obtained their reconstruction through observation and accurate interpretation of the most varied facts. As an example of the illustrative material used, Figure 1 (page 8) shows the form of the universal landmass of Pangaea about 225 million years ago, at the end of the Permian. Figure 2 shows the situation about 65 million years ago, at the end of the Cretaceous. It already resembles considerably the positions and form of the continents today.

Our seismologists were of course most interested in the genesis and formation of the large oceanic fault systems caused by this drifting and in the big tectonic features caused by orogenesis on the continents. Thereafter several experts gave accounts of the geology of the high mountain chains in which we have worked to date, i. e.:

Ostalpendummy Deutschland, Schweiz, Österreich
WestalpendummyFrankreich

PyrenäendummyFrankreich, Spanien

NordapennindummyItalien
Ostapennin
Taurus-GebirgedummyTürkei

Zagros-GebirgedummyIran

  Eastern AlpsdummyGermany, Switzerland, Austria
WesterndummyAlps France

PyreneesdummyFrance, Spain

Northern ApenninesdummyItaly

Eastern Apennines
Taurus MountainsdummyTurkey

Zagrcrs MountainsdummyIran

Unsere Luftaufnahmen auf Seite 11 geben das Meßgebiet im Zagros-Gebirge wieder. Noch vor einigen Jahren hätte man seismische Arbeiten in einem derartigen Gelände für unmöglich gehalten.

Nach dieser sehr nützlichen übersicht folgten die speziellen Vorträge, die die Probleme beim Sammeln, Bearbeiten und Interpretieren der seismischen Daten im Hochgebirge behandelten. Reichhaltiges Bildmaterial und eine Fülle von neuen Erkenntnissen, Erfahrungen und Informationen lösten nach jedem Referat lebhafte Diskussionen aus.

 

Our airphotographs on page 11 show the survey area in the Zagros mountains. Up until a few years aga seismic work would have been considered impossible in such terrain.

Technical lectures followed this very useful review. They dealt with the problems of acquisition, processing and interpretation of seismic data in high mountain areas. The abundant photographs and a profusion of new knowledge, experience and information, led to lively discussions after each report.

Apennin, Italien - Meßgelände in 2400 m Höhe
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Iran - Meßgelände im Zagros-Gebirge
Folgende Gebiete wurden von insgesamt 16 Referenten behandelt:
Meßbedingungen, Feldparameter
Länge der Störwellen
Zulässiger Höhenunterschied innerhalb einer Bündelungsfigur
Optimale Meßbedingungen auf Höhenrücken oder in Tälern?
Anlauf-und Richtungsfragen (Unterschießungen)
Vibroseis: Einfluß des abgestrahlten Frequenzbandes auf die Qualität der Reflexionen.

Feldtechnik und Truppausrüstung in alpinen Gebieten und Randgebieten
Einsatz von Helicoptern Einsatz von Raupenschleppern
Erfahrungsberichte der Truppleiter von sprengseismischen Trupps
Erfahrungen von Vibroseis-Truppleitern
Radiokommunikation
Diskussion über Fahrzeugfragen

Bei dem letzteren Thema gab es viele Anfragen und Anregungen von Seiten der "Hochgebirgstruppleiter", die der Verantwortliche für den Kraftfahrzeugpark, K. Fenner, beantwortete bzw. zur Kenntnis nahm. Daß er hierbei nicht immer einen leichten Stand hatte, liegt in der Natur der Sache. Andererseits war es den Truppleitern am Ende der Diskussion möglich, viele Dinge anders zu beurteilen als zu ihrem Beginn.


Korrekturprobleme
Korrekturen nach Refraktion
Topographie bei Refraktion
Bestimmung der günstigsten vs-Geschwindigkeiten
Einfluß der Tektonik auf statische und dynamischeKorrekturen

Zu diesem Thema drucken wir umseitig zwei von den Vortragenden vorgeführte Beispiele ab, die die erreichbaren Ergebnisse besonders deutlich illustrieren.


Probleme und Erfahrungen bei der Datenverarbeitung für alpine Gebiete
Interpretationsprobleme für alpine Gebiete und Randzonen Subalpine Molasse
Ostapennin
  The following subjects were dealt with:
Survey Conditions, Field Parameters
Noise wave lengths
Permittable height differences within a geophone pattern
Optimal survey conditions on high ridges or in valleys?
Questions on offset and direction (undershooting)
Vibroseis: the influence of emitted frequency bands onreflection quality

Field Techniques and Equipment in Alpine and Sub-Alpine Areas
Use of helicopters
Use of caterpillars
Practical experience: report by party chiefs of seismic crews working with explosives
Practical experience: report by Vibroseis party chiefs
Radio communication
Discussion on vehicles

The last subject produced numerous questions and suggestions from "mountain party chiefs", and these were answered or noted by K. Fenner who is responsible for the vehicles. Because of the nature of the problems he of course was not in an easy position. On the other hand it was possible for the party chiefs to value many things better after the discussion than before it.


Correction Problems
Corrections with refraction
Topography and refraction
Determination of the most favourable vs-Velocities
Influence of tectonics on static and dynamic corrections

Apposite to the last theme we have printed on page 12 two of the examples demonstrated in the lecture, illustrating particularly clearly the results which can be achieved.


Problems and Experience in Data Processing in Alpine Areas
Interpretation Problems in Alpine and Sub-alpine areas
Sub-alpine Molasse
Eastern Apennines
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Vibroseismessung in der Faltenmolasse. Statische Korrekturen nach Geländehöhen und gleitend gemittelten Subweathering·Geschwindigkeiten.
Ergebnis: Unbelriedigend

Vibroseis surveys in the lolded molasse. Static corrections according to terrain elevation and averaged sliding sub-weathering velocities.

Results: unsatislactory

 

Derselbe Profilteil wie nebenan. Die erhebliche Verbesserung des Stapelergebnisses wurde erzielt durch:
1. Plotten einer Reflexion in den korrigierten Einzelseismogrammen, Anbringen einer ersten Ausgleichskurve, Stapeln.
2. Auf Schritt 1) basierende Verbesserung der Ausgleichskurven, damit Gesamt-Nachkorrekturwerte bis maximal 50 ms sowohl für die Geophon-als auch Vibrator-Positionen, Stapeln.

The same part of the section as to the left. The considerable improvement in the results 01 stacking was achieved by:
1. plotting a refleetion in the corrected single seismograms, application of an initial compensating curve; stacking
2. improvement of the compensating curve Irom step 1 giving total residual correction values to a maximum of 50 msecs lor both geophone and vibrator positions; stacking.

Dynamische Korrekturen
v = 2740 m/s xx
v = 3010 m/s xx
  v = 3190 m/s xx
v = 3460 m/s xx
Herausarbeiten des verschiedenen Schichteinlallens mit wachsenden Korrekturgeschwindigkeiten
Emphasizing of dillerent dips by employing increasing correction velocities

Das Kolloquium wurde durch Dr. H.-J. Trappe eröffnet, der die anwesenden 47 Supervisor, Truppleiter und Gruppenleiter bei dieser Gelegenheit umfassend über die Umsätze in 1971 in den einzelnen Abteilungen informierte und dabei auch die entsprechende finanzielle Entwicklung der letzten vier Jahre darstellte; für das Jahr 1972 berichtete er über geplante Investitionen und Erweiterungen unserer Geschäftstätigkeit im Inland und Ausland.

Das Alpine Kolloquium war für alle Teilnehmer von großem Nutzen. Es bewies wieder einmal, daß eine Information auf breiter Basis von unseren Mitarbeitern sehr dankbar aufgenommen wird, und daß wir mit unserer intensiven innerbetrieblichen Schulung auf dem richtigen Wege sind.

 

The colloquium was opened by Dr. H.-J. Trappe, who took the opportunity to inform those present (47 supervisors, party chiefs and group leaders) comprehensively about turnover during 1971 in the individual departments. He also described the corresponding financial development of the last 4 years. Finally he reported on the investments and expansion of our company's activities at home and abroad planned for 1972.

The Alpine colloquium was very useful for all those taking part. It indicated once again, that this more widely based information was very gratefully received by our colleagues and that our company's internal scientific and technical schooling is on the right path.