Report Datenbank php 7.x aufrufen Von Norwegen nach Grönland
PRAKLA-SEISMOS Report 1+2 / 84

Seismische Untersuchung der tieferen Erdkruste

SV PROSPEKTA - Von Norwegen nach Grönland
Die tiefere Kruste unseres Planeten rückt immer stärker ins Zentrum des Interesses nicht nur der Geowissenschaftler sondern auch der 'Administrationen'. Weltweit laufen Projekte, die sich die Erforschung der Erdrinde bis hinab zum Erdmantel vorgenommen haben.
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Zur seismischen Erfassung erheblicher Tiefen sind große Auslagenlängen anzustreben. Auf dem Land ist diese Forderung viel leichter zu erfüllen als auf dem Wasser: den Streamerlängen sind technische und operative Grenzen gesetzt. Man kann sich behelfen, indem man zwei komplette Meßschiffe als Einheit behandelt und simultan einsetzt.
In Report 1/82 berichtete G. Müller über eine Messung dieser Art, ausgeführt im Nordatlantik im Sommer 1981. Auch im folgenden ist von einer Zwei-Schiff-Messung die Rede, diesmal im Europäischen Nordmeer zwischen Norwegen und Grönland durchgeführt. Zeit der Handlung: Spätsommer 1983. Wieder dabei: unsere PROSPEKTA.

Und der Autor wie damals: Fahrtleiter G. Müller.
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Unsere Auftraggeber waren die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) und das
Lamont Doherty Geological Observatory (LDGO) der Columbia Universität,New York, wie schon 1981.
Nur die FRED H. MOORE war nicht mehr mit von der Partie, an ihre Stelle war die ROBERT D. CONRAD getreten. Am 13. Juli 1983 startete die PROSPEKTA von Bremerhaven aus in Richtung Bergen, wo sie mit der CONRAD zusammentraf.

Die Meßmethoden finden sich In REPORT 1/82 mit einer Prinzipskizze erläutert. Auch diesmal setzten wir auf die gleichen Verfahren:

Wide-Aperture-CDP-Profiling
Dabei wird ein 9000 m langes Messkabel simuliert. Jedes der Schiffe zieht einen 3000 m langen Streamer hinter sich her, wobei der Anfang des zweiten Streamers dem Ende des ersten in exakt 3000 m Abstand folgt und beide Schiffe abwechselnd schießen. Somit ergibt sich auch bei Übertiefen Reflexionen ein deutliches Moveout.
Expanding-Spread-Profiling.
Beide Schiffe fahren aus einer Distanz von 80 km auf einen gemeinsamen Profilmittelpunkt zu. Entscheidend ist, daß die Abstände beider Schiffe zum Profilmittelpunkt zu jedem Zeitpunkt gleich sind. Eins der Schiffe schießt, das andere registriert. Läuft die Operation nach Plan, trifft sich das Zentrum des Luftpulser-Arrays des einen Schiffes mit dem Streamerzentrum des anderen genau im Profilmittelpunkt. Gleichmäßig bewegen sich die Schiffe nun wieder auseinander und erreichen die jetzt vertauschten Ausgangspunkte zeitgleich. Selbstredend registriert auch das 'Schuß-Schiff' die Reflexionen, so daß neben dem Expanding-Spread- Profil auch ein Standard-CDP-Profil entsteht. SV PROSPEKTA - Von Norwegen nach Grönland
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Beide Methoden erfordern ein überaus präzises Navigieren und Positionieren und eine nicht minder exakte Synchronisierung der Schußauslösung und Registrierung.
Vom 15. bis 18. August 1983 lagen die CONRAD und die PROSPEKTA Seite an Seite im Hafen von Bergen. Die für eine Zwei-Schiff-Messung erforderlichen Geräte waren einzubauen, als da sind: Electronic-Direction-Finder zur genauen Richtungsmessung, Miniranger und Raydist zur Entfernungsbestimmung, von Atomfrequenz-Normale gesteuerte Digitaluhren, ZXDD-Schußauslöse-Systeme mit den zugehörigen UKW-Radios, Sonobojen-Empfänger für Refraktionsmessungen, Peilempfänger zur Ortung der Kabel-Endbojen.

Die Installation der verschiedenen Antennen hatte bei typischem Bergen-Wetter zu erfolgen, was heißt: bei ständigem Regen.
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Am Nachmittag des 18. August liefen beide Schiffe aus mit den Gästen A. Popovici von der BGR und P. Buhl vom LDGO an Bord der PROSPEKTA. Zwei Tage gingen hin mit dem Ausbalancieren der Streamer und dem Durchprüfen aller Systeme, dann konnten die Messungen am norwegischen Schelfrand westlich von Aalesund beginnen. Das Meßgebiet erstreckte sich bis 200 Seemeilen westlich der Lofoten. Gemessen wurden Expanding-Spreads und Wide- Aperture-CDP-Profile, letztere in Verbindung mit Refraktions- aufnahmen via Sonobojen. Hierbei werden die empfangenen Signale per Funk zum Meßschiff gesendet. Die 'Umzüge' von einem Profil zum nächsten nutzte die PROSPEKTA zum Schießen von Standard-CDP-Linien.

Improvisation an Bord eines Meßschiffes: eine Endboje wird gebaut.
Vorarbeiten:
der Radarrefektor im Bau.. die Boje wird ausgesetzt.. am Haken .. im Wasser ...
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Die Navigation klappte auf Anhieb. Mit einem zusätzlichen Navigationsrechner (HP 9845 B mit Video-Display) an Bord der PROSPEKTA wurden die relativen Positionen beider Schiffe errechnet und dargestellt. Durch �nderungen des Kurses und der Schiffsgeschwindigkeiten waren das gleichmäßige Aufeinanderzufahren bei Expanding-Spreads und das präzise Hintereinanderfahren bei Wide-Aperture-CDP- Profilen zu gewährleisten.
PROSPEKTA mit ausgestellten Flächen-Arrays in freiem Wasser. SV PROSPEKTA - Von Norwegen nach Grönland
Vom 27. bis 30. August mußten wir die Messungen wegen Schlechtwetter unterbrechen. Südwestwind bis Stärke 9 erzeugte eine 4 bis 5 m hohe Dünung, wobei die Kabel-Endboje der CONRAD verloren ging.

Sturm ... Eis ... und Schnee
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Der erste Meßabschnitt war am 7. September beendet. Die Schiffe liefen den norwegischen Hafen Sandnessjoen an. Personalwechsel. Verabschiedung auch der von jetzt an nicht mehr benötigten Spezialisten. Am Abend kleine Party auf der PROSPEKTA. Diskussion über Restprobleme und Festlegung des weiteren Meßverlaufs.
J. Mutter, Projektleiter vom LDGO (im REPORT 1/82 verewigt, wie er gerade eine Sonoboje über Bord stößt), erhält einen PRAKLA-SEISMOS - Wimpel, die PROSPEKTA-Crew als Gegengabe Schirmmützen mit dem CONRAD - Emblem - es geht zu wie bei einem Fußballfreundschaftsspiel.
Am 8. September laufen wir zum zweiten Meßabschnitt aus, Richtung Ostgrönland. Dr. H. Meyer vertritt die BGR an Bord. Am 11. 9. werden die Messungen bei 75� Nord und 11� West an der Treibeisgrenze wieder aufgenommen. Treibeis kommt in vielen Varianten vor, wie unsere Fotos zeigen, und engten den Bewegungsspielraum ein.
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Treibeis.
Durch das Stoßen und Reiben aneinander werden die Schollen abgerundet, die Ränder hochgebogen.
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Bergung von Eis für den abendlichen Whisky. Kein Scherz sondern echter Seefahrer-Snobismus.
Die Lufttemperatur sinkt auf -4� G. Schneetreiben und beginnende Vereisung des Schiffes machen diese Breiten ungemütlich. Am 12. September erreichen wir mit 76�17'N und 07�17'W den nördlichsten Punkt unserer Meßfahrt. Bei wassertemperaturen von 0� bis -2� C sind die Luftpulser nur sehr träge 'in Gang' zu schießen. See und Wetter werden rauh und behindern die Messungen. Windstärken bis 9 und 6 m hohe Dünung zeigen uns das Nordmeer von seiner unwirtlichsten Seite.
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PROSPEKTA und ROBERT D. CONRAD im Hafen von Sandnessjoen, Norwegen
Dennoch, am 23. September 1983 sind einige tausend Kilometer Seismik und Gravimetrie im Kasten, will sagen: auf dem Band. Die Schiffe trennen sich.
Die untergehende Sonne bescheint die Berge der Livingstone-Küste Grönlands und macht ihren Frieden mit uns. Die PROSPEKTA geht auf Heimatkurs. SV PROSPEKTA - Von Norwegen nach Grönland
Versöhnlicher Ausklang - Die Berge der Livingstone-Küste, Grönland
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Fotos: G. Müller u. H.-J. Ungoreit