Report Datenbank php 7.x aufrufen MARINE UNTERSCHIESSUNGEN
PRAKLA-SEISMOS Report 2 / 74

Vor rund 10 Jahren wurde in Nordwest-Deutschland die Unterschießung von Salzstöcken geboren, und zwar als "Abfallprodukt" bei Refraktionsmessungen, die der Erfassung des Top-Gebietes von Salzstöcken dienten. Diese spezielle Technik hat sich inzwischen einen festen Platz in der angewandten Seismik erobert. Nach Ausdehnung des Verfahrens auf Flachwassergebiete (Wattenmeer) wurden kürzlich auch Unterschießungen auf hoher See durchgeführt. Zunächst sei an das Prinzip der Unterschießung erinnert: Setzt man Schuß- und Geophonpunkte so an, daß die Reflexionsstrahlwege die tektonisch stark beanspruchten Deckgebirgsbereiche vermeiden, so ist es möglich, zu Aussagen über die Zechsteinbasis Z zu gelangen, die mit der üblichen Aufstellungsgeometrie nicht erreicht werden können.
Nach der Unterschießungsmethode verlaufen die Strahlenwege zwischen Sendern und Empfängern unter diesen heterogenen Bereichen und es ergeben sich gute Reflexionen, die auch relativ einfach lagerichtig dargestellt werden können. Prinzipiell gibt es drei "Basisstrahlenwege" (Strahl 1, 2 und 3 in Abb. 1), d. h. eine Unterschießung zerfällt in der Regel in drei Teile, nämlich in zwei Flankenunterschießungen (Strahl 1 und 2) und in eine Totalunterschießung (Strahl 3).
Eine schematische Darstellung des Schießschemas ist der Abb. 2 zu entnehmen.
Marine Unterschießungen
Abb. 1 Prinzipskizze der Meßanordnung

Meist werden auch noch Schuß- und Geophonseite vertauscht, so daß sich insgesamt sechs Schußserien ergeben.
Überträgt man nun diese Verhältnisse auf marine Unterschießungen so wird sofort klar, daß zwei Schiffe benötigt werden, nämlich ein Schießschiff und ein Registrierschiff. In der Regel lassen sich die Flankenunterschießungen so verknüpfen, daß sie mit einem Hin- und Rücklauf der Schiffe abgeschlossen werden können, d. h. eine komplette Unterschießung eines Salzstockes auf See erfordert je einen Hin- und Rücklauf für Flankenunterschießungen (1 und 2 kombiniert) und für Totalunterschießungen.
Marine Unterschießungen
Abb. 2 Schießschema

Die Zeit für einen Lauf mit anschließender Wende (die naturgemäß für das Registrierschiff wegen des langen Streamers länger ist) beträgt rund zwei Stunden. An einem "DECCA"-Tag kann also ein komplettes Unterschießungsprofil gemessen werden.
Für die Navigation wird man in der Regel die für das jeweilige Meßgebiet optimale DECCA-Kette (z. B. Hifix-Rijnmund) auswählen; zur Sicherheit wird die Satellitenortung mitaufgenommen. Die normale Navigation wird zusätzlich durch die folgenden weiteren Kontrollen ergänzt:

  • Die Wasserschall-Laufzeit vom Schießschiff zum Meßschiff wird über Funk zurückgemeldet; sie erlaubt eine kontinuierliche Distanzkontrolle zwischen beiden Schiffen.
  • Das Schießschiff hat den Ministreamer (4 Spuren) ausgefahren und registriert ebenfalls die Unterschießungspops. Damit ist insofern eine Positionskontrolle gegeben, als ein Vergleich mit den anderen Messungen vorgenommen werden kann.
  • Das Meßschiff schießt selbst bis vor den ersten Unterschießungs-Schußpunkt (= FSP) und nach dem letzten (= LSP) ein rund 2 km langes konventionelles Profil, womit eine zusätzliche Kontrolle bei den FSP- und LSPPositionen gegeben ist.

  • Marine Unterschießungen
    Abb. 3 Zeitlicher Ablauf

    Das zeitliche Ablaufdiagramm für einen Lauf zeigt Abb. 3
    Das entsprechende Korrelationsschema ist in Abb. 4 dargestellt:
    Marine Unterschießungen
    Abb. 4 "Marines" Korrelationsschema

    Durch ein gutes Navigationsbasissystem, SATNAV als "Backup" und den erwähnten Kontrollen hat man also die Positionsbestimmung sehr gut im Griff. Eine zusätzliche Kontrolle ergibt sich noch bei der anschließenden Auswertung der Unterschießung durch die Tatsache, daß die Streamerlänge selbst konstant bleibt; durch die Verknüpfung von Schuß und Gegenschuß läßt sich die Distanz überprüfen.
    Vergleicht man den Zeitbedarf für eine Land- und eine See-Unterschießung und bedenkt dabei, daß eine Landunterschießung rund 5 bis 6 Tage dauert, so läßt sich leicht ausrechnen, daß die marine Unterschießung in bezug auf die Feldaufnahme nur rund die Hälfte der Landunterschießung kostet.
    Für die digitale Bearbeitung fällt freilich auf See ein Vielfaches an Schußpunkten gegenüber einer Landmessung an. Dagegen bestehen bei einer Seemessung keinerlei statische Korrekturprobleme.
    Sind die Voraussetzungen für eine gute Satellitennavigation gegeben, lassen sich wegen der erwähnten Kontrollen natürlich auch nachts Unterschießungen durchführen.
    Erhebliche Kosten werden eingespart, wenn mehrere parallele Salzstöcke in einem Meßvorgang unterschossen werden, weil dann die Schiffe nur an den äußeren Salzstöcken wenden müssen.
    Bei Unterschießungen treten streckenweise zwischen Energiequelle und Empfängern sehr große Abstände auf. Auch bei diesen großen Abständen haben sich die auf unseren Meßschiffen eingesetzten Luftpulser als ausreichende Energiequelle erwiesen; sogar bei der Registrierung von "Expanding Spreads" (zur Bestimmung der seismischen Geschwindigkeiten) mit ihren besonders großen Meßentfernungen wurden gute Meßdaten erhalten.
    Bis jetzt sind Ergebnisse für die Veröffentlichung noch nicht freigegeben. Unsere Absicht, abschließend eine der bisher gemessenen und qualitativ durchwegs guten Sektionen hier abzubilden, konnten wir daher nicht verwirklichen. Wir hoffen jedoch, dies in einer der nächsten Ausgaben unserer Firmenzeitschrift nachholen zu können.

    R. Marschall